Angelas Tagebuch aus Paraguay

Unser Reisebericht, wie sich alles entwickelte


6. Eintrag

Mein Chaco-Tagebuch

Dienstag, 13. November 2018



Ich komme gerade von draußen in die Küche und finde es wunderbar kühl dort, obwohl es 33 Grad sind. Hier springen unsere Katzenbabies  herum und erkunden ihre neue Umgebung. Wir haben sie von unseren Freunden Giny und Horst gestern aus Filadelfia mitgebracht.
Horst war der erste Mensch im Chaco, den Paul auf seiner Reise im April kennengelernt  hatte, daraus hat sich alles andere ergeben. Paul sprach ihn seinerzeit vor dem Supermarkt in Filadelfia an.
Wir waren am Sonntag und Montag dort und in Loma Plata, weil wir das Auto zur Durchsicht bringen mussten. Wir haben den Sonntag mit Giny und Horst und ihren Kindern Samira und Jake verbracht und besuchten am Nachmittag eine Aufführung des Turnvereins von Filadelfia, in dem auch Samira mitturnt. Jetzt beginnen bald die 3-monatigen Sommerferien und es finden überall solche Aufführungen statt, wie es auch in Deutschland vor Ferien üblich ist.
Am Montag trafen wir uns mit Hans, den ich noch nicht kannte. Er ist der Vorsitzende der Cooperativa Multiactiva in Loma Plata und hat Paul während seines ersten Besuches schon viele Türen geöffnet. In dieser Kooperative besitzen wir ein Konto, dort haben wir auch unser Geld angelegt und das Auto gekauft.
Hans teilt unsere Auffassung, dass wirtschaftliche Kapriolen in der Welt, zwar zeitverzögert, auch Auswirkungen auf Paraguay haben würden. Er erzählte uns auch ein paar neue interessante politische Aspekte über dieses Land. Er ist ein sehr offenherziger und ehrlicher Mensch, auch was das Geldanlegen in der Kooperative betrifft;  und es hat unheimlichen Spaß gemacht, mit ihm zu plaudern. Er interessierte sich außerordentlich für unsere Aktivitäten und „Sorgen“ mit dem Land und versprach, dass er uns helfen wird, indem er rumhorcht, ob jemand für uns ein kleines Stückchen Land hat, das wir offiziell kaufen können.  Wir sind ihm sehr dankbar, dass er sich für uns 3 Stunden von seiner kostbaren Zeit für Gespräche nahm. Anschließend fuhr er mit uns in die Umgebung von Loma Plata und zeigte uns eine Experimentier-Farm für Pflanzen und Bäume. Wir haben so viel erfahren und neu gelernt und werden bald auch den Leiter dieser Farm kennenlernen, eventuell gibt es oder entstehen auch Möglichkeiten der Zusammenarbeit.
Hans hat Verbindungen zu allen Kooperativen, also zu allen Kolonien der Mennoniten hier im Chaco. Vielleicht kann er uns ja wirklich helfen, er ist davon beeindruckt, dass wir uns als Deutsche zum Leben den Chaco ausgesucht haben, wo doch alle Welt in den grünen Osten geht.
Ja, nun noch einmal zu unseren Kätzchen – das sind ein schwarzes und ein getigertes, jetzt ungefähr 9 Wochen alt, und wie alle kleinen Katzen sehr neugierig und unternehmenslustig, auch noch sehr zart, beinahe zerbrechlich. Durch den Kontakt mit den Kindern von Giny und Horst, die sie überall mit hingeschleppt haben,  sind sie unendlich zutraulich. Soeben haben die beiden den großen Spiegel in meinem Zimmer entdeckt. Und wie kleine Kinder es mitunter auch tun, ist die eine hinter den Spiegel gekrochen, um zu schauen, wer da wohl ist – es ist immer wieder bezaubernd anzusehen.
Am Abend regnete es leicht, in der Ferne war Donner zu hören. Weit im Osten konnten wir am Himmel Wetterleuchten beobachten, dort gewitterte es schon stark und wir hatten am Nachmittag  bereits eine Stunde Stromausfall.
Um Mitternacht erreichte uns das starke Gewitter dann auch. Die Kätzchen hatten Angst, so haben wir sie mit ins Bett genommen. Paul kontrollierte noch einmal die Regenrohre, die in die Zisternen führen; einige waren verstopft. Das Gewitter war wieder beeindruckend – so helle und großflächige Blitze, so lang und tief anhaltender Donner mit einem Grollen im Abgang, wie ich es aus Europa nicht kenne – nicht einmal aus den Bergen – und hier ist nur flaches Land. Die Stromversorgung hat dieses Spiel nur eine Stunde mitgemacht, dann lag sie wieder brach.
Mittlerweile ist es 10.00 Uhr morgens und wir haben immer noch keinen Strom. Da der Himmel auch noch bedeckt ist, funktioniert auch die Solaranlage nicht. Die Stromversorgung sollte am Nachmittag wieder klappen.
Ich berichte jetzt noch von einem Geschehen, welches sich vor knapp 2 Wochen auf unserer Farm ereignete.
Ab und zu kommen die Schweizer Frauen (Barbara und ihre Töchter) hierher, um nach ihren Rindern zu schauen. Sie fahren dann mit ihrem Geländewagen vor, aus dem lautes Gebell nach draußen dringt, da sie immer ihre 4 oder 5 Hunde mitbringen – einen größeren jugendlichen Mischlingshund und jede Menge Dackel.  Sie hören alle nicht aufs Wort, sie hören überhaupt nicht. Sie sind einfach nicht erzogen. So brüllen die Frauen unentwegt, aber diese Hunde machen, was sie wollen. So hat der „Jugendliche“ mich neulich angebellt, als ich in der Eingangstür stand, um die Frauen zu begrüßen. So als ob ER hier zuhause sei und ich verschwinden müsse.
Ich erzähle diese Episode, weil die gesamte Horde zum zweiten Mal ein wildes Tier auf unserer Farm gejagt hat, was uns traurig gestimmt hat. Das erste Mal hat ein Dackel einen jungen Fuchs gejagt und verletzt. Die Frauen meinten dann stolz, er hätte ihn getötet, das mache er immer; als wir jedoch später nach ihm sahen, blutete er stark und atmete schwer. Paul hat ihn dann von seiner Qual erlöst. Das war furchtbar und uns war klar, dass so etwas nicht wieder hier passieren dürfe. Die Frauen meinten, dass ihre Hunde so drauf seien, weil sie darauf abgerichtet sind und auf ihrer eigenen Farm auch alle Tiere jagen, die sich dort aufhielten; das hätten sie ihnen beigebracht, um die Hoftiere zu schützen.
Dasselbe Problem kannten wir schon aus der Uckermark. Anstatt seine eigenen Tiere anständig mit einem Zaun und/oder Netzen o. ä. zu sichern, wird alles abgeknallt oder totgebissen, was sich bewegt.
Dieses Mal sollte es ein Waran sein, der sich bei uns sehr wohl fühlte. Wir kannten ihn schon eine Weile. Plötzlich hatten die Hunde ihn im Gebüsch entdeckt und jagten alle hinter ihm her. Es dauerte einen Moment, bis ich die Situation erfasste, da ich mich gerade mit Barbara unterhielt. Sie machte keine Anstalten, ihre Hunde zurück zu pfeifen, wohl wissend, wie zwecklos es sei. Paul stand ganz in der Nähe des Geschehens und hat den jugendlichen Hund laut zur Ordnung gerufen. Da sah ich nun auch, dass das ganze Rudel dem Waran dicht auf den Fersen war. Ich rief erschreckt „oh nein!“, mir war zum Heulen zumute. Paul ist dazwischen gegangen und konnte die Verfolgungsjagd erst einmal beenden. Der Waran, 1,5 Meter lang, verzog sich in seine Ecke und wir wussten nicht, ob er verletzt war. Den Frauen sagten wir, dass wir so etwas auf unserer Farm nicht mehr erleben möchten und dass wir sie bitten, ihre Hunde nicht mehr zu uns mitzubringen.
Es ist schon schwierig, in solchen Nachbarsangelegenheiten ein ausgewogenes Maß zu finden, zumal die meisten nur auf ihre Erträge und Einnahmen achten und vergessen haben, dass die wilden Tiere hier zuerst zuhause waren. Wir haben aber, so glauben wir, den richtigen Ton gefunden und die Frauen scheinen es zu akzeptieren. Vielleicht denken sie auch, dass wir Spinner sind, aber das sind wir ja gewohnt....
Der Waran lag 2 Tage dort und bewegte sich nur, wenn wir ihn mit einem Stöckchen berührten. Auch nahm er etwas zu Fressen an. Es war jedoch ungewöhnlich, dass er sich nicht wegbewegte und wir vermuteten, dass er verletzt sei. Nach 2 Tagen haben wir, als wir mit unserem Auto auf die Farm fuhren, einen Waran auf dem sandigen Zufahrtsweg gesehen, der sich etwas schleppend – beim Menschen würde ich sagen humpelnd – fortbewegte. Er war nur knapp einen Meter lang. Wir konnten uns jedoch kaum vorstellen, dass er so eine lange Strecke mit seiner Verletzung zurücklegen konnte, vielleicht hat er auch seinen verletzten Schwanz abgeworfen..... wir wissen es nicht. Wir haben ihn auch nicht wieder gesehen.
Als Alois (der Schweizer Nachbar mit dem Traktor) uns vor ein paar Tagen besuchte, lief ein kleiner Waran durch unseren Vorgarten und zwischen seinen Stiefeln aus unserem Garten – die sind ja so wunderschön, dieser schimmerte grün-metallic. Ich glaub schon, dass sie sich bei uns wohlfühlen, uns reden hören und merken, dass wir ihnen sehr zugetan sind. Oder?
Wir haben die Hunde nicht wieder auf unserer Farm gesehen und hoffen auch, dass sich die Frauen an unsere Verabredung halten, auch wenn wir nicht da sind.
Mittlerweile ist Deutschland in der Zeit Paraguay nur noch 4 Stunden voraus, seit Ende Oktober dort die Winterzeit wieder eingeführt worden ist. Ob das wohl die letzte Zeitumstellung war? Ich hatte so etwas im Sommer gelesen und die Winterzeit ist ja die Normalzeit.