Angelas Tagebuch aus Paraguay

Unser Reisebericht, wie sich alles entwickelte


1. Eintrag

Mein Chaco-Tagebuch

Sonntag, 7. Oktober 2018



Frühstück auf der Veranda im alten Farmhaus
Frühstück auf der Veranda im alten Farmhaus

Es ist natürlich sehr warm hier, es ist jetzt Frühling. Wenn es nach ein paar Tagen Hitze regnet, ist es die nächsten 2 – 3 Tage angenehm, manchmal sogar etwas frisch. Paul kommt richtig gut mit der Hitze zurecht, ist er das ja auch aus Afrika gewohnt. Ich finde, dass ich auch schon ganz gut klar komme. Der 3-stündige Spaziergang über die Farm heute Morgen, davon 2 in praller Sonne, hat bei mir nur ein Ziehen in den Beinen hinterlassen, ich konnte einfach nicht mehr länger laufen oder stehen. Eine kalte Dusche und ein kleines Essen haben schnell dafür gesorgt, dass ich wieder zu Kräften kam. Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich mit der Wärme immer besser klar komme. Jetzt ist die Sonne verschwunden und es weht der warme Nordwind und der Schweiß auf der Haut kühlt sehr angenehm.
Wir waren am gestrigen Samstag in Filadelfia, haben eine große Leiter gekauft, ein wenig Obst, welches einen Großteil unserer Nahrung ausmacht, haben uns das Tierheim mit kleinen Hunden angesehen und haben dann Horst und seine Familie besucht, die Paul schon kannte und ich erst kennen gelernt habe. Sie sind außerordentlich herzlich, gastfreundlich, aufgeschlossen..... wie die meisten Menschen hier. Sie haben 2 kleine Kinder und gerade Katzenbabys, von denen wir uns schon eines ausgesucht haben. Denn Tiere fehlen uns wirklich sehr.


Ein Wort noch zu unseren Hühnern. Natürlich haben wir keine mitgenommen. Aber wir haben jeder in unserem Koffer eine Packung Australorps-Eier geschmuggelt. Und sie sind heile angekommen und wurden auch nicht vom Zoll beanstandet. Auf der turbulenten Autofahrt sind uns 3 Eier kaputt gegangen. Zum Schluss habe ich die Packungen auf den Schoß genommen, um sie vor den Erschütterungen der Straße etwas zu schützen.
Am Tag nach unserer Ankunft haben wir sie gleich in den Brutkasten gelegt und nun drücken wir die Daumen, dass nach 21 Tagen ein paar Hennen und Hähne, naja, wenigstens jeweils einer, schlüpfen.  Den Brutkasten hatten wir schon auf unserer Urlaubsfahrt im Juni nach Paraguay gebracht.
Wir haben schon sehr viel aufgeräumt auf der Farm, Paul hat nur mit einem Buschmesser Bäume ausgeästet und auch schon kleine Teile der Farm entbuscht. Hier gibt es kein richtiges Werkzeug, 2 Zangen haben wir gefunden, ein paar Besen und eine Schaufel.  Gestern haben wir noch 2 Macheten gekauft, die einfach so – ohne Hülle – im Supermarkt rumliegen. Damit konnten wir auch einiges bewerkstelligen.
Da der Wind nachgelassen hat, wollen wir jetzt die alte, hier auf der Farm schon vorhandene, Müllgrube anzünden. Leider befindet sie sich am tiefsten Punkt der Farm, an diesen Stellen sammelt man eigentlich das Regenwasser zum Bewässern von Pflanzen. Aufgrund der Trockenheit und des salzigen Grundwassers muss hier so viel wie möglich Regenwasser aufgefangen werden. Deshalb sind die Häuser auch so groß und haben quadratische Dächer. Insofern haben die ersten Besitzer der Farm hier einiges falsch gemacht.
Und es ist wie beim Schneidern: Neu Nähen ist einfacher und zeitsparender als ein altes Kleidungsstück zu ändern!


Wir haben uns nun auch entschlossen, hier auf der Farm von Armindo zu bleiben, da die Grundstückspreise – ähnlich wie in Europa – immer weiter ansteigen. Durch Farmerei sind diese Preise gar nicht mehr heraus zu wirtschaften. Die Farmen werden als Spekulationsobjekte erworben. Wir werden hier einiges umbauen, gärtnerisch und landschaftlich neu gestalten und Obst und Gemüse für unsere Selbstversorgung anbauen. Wir reparieren alles, was es hier zu reparieren gibt. Das Haus sieht natürlich nicht aus wie jenes, welches wir projektiert haben, es hat auch kein Atrium. Aber es gefällt uns und es können hier viele Gäste beherbergt werden.
Hier ist natürlich alles auf Strom ausgerichtet. Wir werden dazu nach und nach alles so bauen, dass wir auch ohne Strom auskommen, wie wir es immer vorhatten. Beginnen werden wir mit einer Außentoilette mit Duschen und Waschbecken. Die Sonne scheint hier so heiß und so viele Stunden am Tag, dass heißes Wasser aus den Schläuchen kommt. Es wäre töricht, dies nicht zu nutzen.
So werden wir einen kleinen Teil unseres Geldes für Investitionen nutzen und den größeren erst einmal zinsbringend anlegen. Von diesem Geld können wir erst einmal ganz gut leben. Wenn sich die Weltwirtschaftslage ändert, dann hat dies sicherlich auch Auswirkungen auf PY. Dann müssen wir sehen, was wir dann tun.


Ein letztes Wort noch zu unseren Kommunikationsmöglichkeiten hier. In unserem Haus sind wir total offline. Wenn wir Internet benötigen, dann gehen wir in das benachbarte Hotel. Wir werden uns selbst hier auch keine Internet-Antenne installieren lassen. Für das Handy befindet sich eine Antenne auf dem Dach, wie wir es auch aus Deutschland kennen, naja nicht aus Berlin, aber in der Uckermark war dies so üblich. Ohne diese gibt es hier überhaupt keinen Empfang. Wir müssen uns jedoch noch ein Anschlusskabel für das Handy besorgen. Wir werden auch ein hiesiges Handy für mich kaufen (hier funktioniert alles auf einer anderen Bandbreite) und uns erkundigen, zu welchen Konditionen wir nach Deutschland telefonieren können, ob es auch call-by-call-Möglichkeiten gibt. Aber wir haben ja auch noch skype. Es ist also alles im Werden, wir sind guter Dinge und uns geht es sehr gut. Wir sind durch die körperliche Arbeit und die Hitze abends sehr müde und gehen früh schlafen. So stehen wir meistens zwischen 5 und 6 Uhr auf. Dann haben wir auch noch 2 – 3 Stunden, bis die große Hitze kommt.
Hier möchte ich mit meinen ersten Notizen erst einmal enden. Die nächsten Einträge werden wohl etwas kürzer ausfallen, weil ich einfach öfters schreiben werde.

Das alte Farmhaus in Paraguay Chaco
Das alte Farmhaus bei unserer Ankunft

Das Haus ist wunderbar, es ist groß, großzügig gestaltet, hat viele Zimmer und eine riesige Küche  von ca. 40 qm. Es ist in gutem Zustand und sauber, alles funktioniert auch. So konnten wir uns gleich wohlfühlen. Geschirr und Töpfe gibt es nicht und unser Container kommt am 12. Oder 13. Oktober. So müssen wir ein wenig improvisieren und leben wie in früheren Campingurlauben in jungen Jahren. Es gibt Betten mit sauberen bezogenen Matratzen und wir haben unsere Schlafsäcke, Kissen und jeder ein großes Handtuch mit – mussten wir dies doch alles in unseren Koffern unterbringen. Rund um das gesamte Haus ist eine große Veranda, auf der ich gerade sitze.
Wir haben in den letzten Tagen versucht herauszufinden, wie hier die Wasserversorgung funktioniert. Es gibt 4 Zisternen, jeweils mit ca. 45 qm Fassungsvermögen.  Eine Zisterne ist kaputt, kann aber repariert werden. Wir haben auch schon fast das gesamte Gelände, 100 ha, erkundet. Zurzeit sind hier 2 verschiedene Rinderherden von anderen Dorfbewohnern auf der Farm. Kühe sind ja soooo neugierig und suchen wohl auch immer die Gesellschaft des Menschen. Außerdem lebt hier auch ein Nandu. Der ist etwas unnormal, weil er nicht wegläuft, wenn er Menschen sieht.
Von dem schweizerischen Paar, welches das Hotel hier im Dorf betreibt, haben wir erfahren, dass der Nandu mal einer von sechsen war, die, zahm gemacht, auf einer Farm lebten.  Von den anderen ist nichts mehr zu sehen und der arme ist jetzt hier ganz alleine und scheint etwas gestört zu sein. Er kommt immer am Zaun auf uns zu, wenn er uns sieht. Auch die Kühe nehmen Reißaus, wenn er ihnen nachjagt. Aber wir kommen mittlerweile gut mit ihm zurecht und er „greift“ uns nicht mehr an, sondern hat Respekt und verzieht sich.
Ja – so viele Erlebnisse in einer guten Woche.

Hotel Florida in Filadelfia / Chaco
Hotel Florida in Filadelfia / Chaco

Am nächsten Tag haben wir in der Stadt einige Einkäufe getätigt und waren in der Bibliothek von Filadelfia, um Bücher über die Flora und Fauna des Chaco zu kaufen. Dann machten wir uns auf nach Rosaleda. Unterwegs fuhren wir bei Armindo vorbei, den wir mittlerweile als guten Freund sehen. Er lebt mit seiner Frau eine halbe Stunde von Filadelfia entfernt. Ihm gehört die ca. 80 km entfernte Farm in Rosaleda und wir haben die Schlüssel geholt. Wir können hier kostenlos wohnen und als Gegenleistung betreuen wir seine Kälber. Das ist für März nächsten Jahres geplant.
Wir haben uns ein wenig verplaudert und es fing schon an zu dämmern, auch kam ein starker Sturm auf. Der Boden hier verlangte nach Regen. Der Himmel wurde schwarz und wir mussten uns beeilen. Sind doch die Straßen hier im Chaco, bis auf die Hauptstraße – die Trans-Chaco, die asphaltiert ist, alle aus festgefahrenem Lehm, zwar sehr breit, aber wenn der nass wird, wird es sehr schmierig – ähnlich wie auf Glatteis. Ich hatte schon gelernt, dass wenn der hier normale heiße Wind aus dem Norden dreht und aus südlicher Richtung weht, dann der Regen kommt. So kam es dann auch.
Und unsere Fahrt in unser neues Zuhause wurde ein großes Abenteuer. Mir war manchmal ganz schön mulmig zumute.  Die Straßen haben teilweise auch große Löcher, die nach so einem Regen wieder glatt „gewischt“ sind.  Der stürmische Regen kam von vorne, es war dunkel und das Wasser peitschte wie Gischt über die Straße und uns entgegen. Wir sahen fast nichts mehr und hatten das Gefühl, wir führen auf hohen Wellen auf dem Meere. Anhalten wollten wir aber auch nicht, falls der Nachfolgende uns nicht sehen kann. Dieses „Theater“ dauerte eine gute halbe Stunde, dann nahm der Regen ab. Auf dem letzten Teilstück nach Rosaleda erlebten wir diese Rutschpartie, wo so mancher schon rechts oder links im Seitengraben landete. Wir sind jedoch gut angekommen, konnten all unser Gepäck ins Haus räumen. Und dann begann auch hier der große Regen.......

Hotel Westfalenhaus
Hotel Westfalenhaus

Nun sind wir schon über eine Woche in PY. Wir waren am Freitag, den 28. September 2018, in Asunción gelandet und haben zwei Tage im Hotel „Westfalenhaus“ verbracht. Dieses Hotel gehört Bo, den wir mittlerweile  schon sehr gut kennen. Er ist Deutscher und hier geboren. Er hat das Hotel von seinem Vater geerbt, seine Mutter lebt sowohl dort als auch immer ein halbes Jahr in Deutschland.
Bo möchte gerne ein Projekt im Osten von PY mit uns starten, er hat mit einem paraguayischen Freund ein großes Stück Land gekauft, auf dem er einen Wohn- und Freizeitpark errichten möchte. Außerdem möchte er zur Holzgewinnung viele Bäume anpflanzen, weil es in ein paar Jahren hier im Lande eine Holzknappheit geben wird.
Er möchte Paul gerne als Verwalter und Manager dafür haben, ist aber immer sehr unkonkret in seinen Aussagen. Dieser Umstand und die Tatsache, dass sich dieses Land im Osten, nur ca. 20 km von Asunción befindet, lässt uns eher Abstand davon nehmen. Im Osten herrscht eine erheblich höhere Luftfeuchtigkeit, was zwar einiges mehr wachsen lässt, aber für unser Wohlbefinden und auch für Bücher und Klamotten sowie Möbel eher negativ ist. Außerdem lebt im Osten ca. 90% der Bevölkerung des Landes, was bedeutet, dass es sehr voll und laut ist. Dies hatte uns u. a. auch bewogen, in den Chaco zu gehen.
Von dort aus besuchten wir eine deutsche Familie, die hier seit ca. 16 Jahren lebt, in Nueva Columbia, einem eher vornehmen Ort im Osten von PY, ca. 40 Minuten von Asunción entfernt. Sie sind Bauunternehmer, stammen aus Hamburg und leben mit ihren beiden Kindern und seinem Vater dort. Sie haben einen Wohnpark für Auswanderer, meistens aus Deutschland, erschaffen. Für uns wäre dies nichts, da wir ein Leben als Dauerurlauber nicht „ertragen“ würden, so leben nämlich die meisten dort. Außerdem ist da auch Osten und nicht nur abends tönt häufig von den einheimischen Nachbarn ununterbrochen laute Musik auf das Gelände.
Dann haben wir noch Antonia besucht , die Frau, deren Grundstück uns in Rosaleda im abgelegenen Chaco,  so sehr interessierte. Auch sie wohnt heute im Osten und vermietet einige Zimmer ihres großen Hauses. Schon die Fahrt zu ihr war ein Abenteuer. Ohne anständige Karte und ohne Navi sind wir mit nur einigen kleinen Hinweisen aus einer spanischen sms dorthin gefahren. Und wir haben sie gefunden!  Antonia will mehr als doppelt so viel, wie wir uns leisten könnten. Da die 100 ha stark verbuscht sind und noch kein Haus vorhanden ist, kämen diese Kosten noch auf uns zu. Das Grundstück selbst ist ein Traum, weil es – was hier im Chaco eher selten ist -  ein paar Hügel und Senken gibt, die sich bei der gärtnerischen Landschaftsgestaltung sehr gut machen würden.
Nach dem Besuch bei Antonia hatten wir in Asunción nichts mehr zu tun und waren auch etwas ernüchtert.  So sind wir am Montag, den 1. Oktober, in den Chaco gefahren. Dies hat ungefähr 7 Stunden gedauert und wir waren überrascht, wie gut die Straße im Vergleich zu Juni  in Schuss war. Wir fuhren durch Loma Plata bis nach Filadelfia und haben dort im Hotel Florida übernachtet. Einerseits war es schon dunkel und bis Rosaleda sind es noch 1,5 Stunden, andererseits wollten wir auch nach „unserem“ Kätzchen schauen, welches im Hotel Florida lebte und uns schon in unserem Urlaub im Juni versprochen worden war. Leider hatten das zutrauliche Kätzlein andere Leute 3 Tage zuvor mitgenommen.