Dienstag, 5. Februar 2019
Es ist Zeit, wieder etwas in unser Tagebuch zu schreiben, denn es hat sich viel ereignet.
In den letzten Wochen haben wir ungefähr 200 Bäume und Sträucher gepflanzt, darunter viele Obstbäume. Da wir immer auch bedenken, wie groß die ausgewachsene Pflanze wird, ist jetzt kein Platz
mehr für weitere, soll doch alles insgesamt ein harmonisches Bild ergeben und jedes Bäumchen auch den nötigen Raum erhalten.
Paul hat im Januar die kaputte Zisterne repariert, so dass wir nun mit den nächsten Regengüssen auch mehr Wasser auffangen können. Diese Zisterne erhielt einen neuen Aufputz mit einem
Fliesenkleber, der Boden bekam eine dicke Zementschicht und wurde anschließend auch mit diesem Kleber versehen. Das Arbeiten in der Zisterne war ziemlich anstrengend, weil es genauso warm ist wie
draußen, da unten aber überhaupt kein Lüftchen weht.
Auch gegen die Folgen von Stromausfall sind wir jetzt besser geschützt, da Paul eine neue Wasserleitung vom Wasserturm direkt in die Hausversorgung gelegt hat.
Das Gelände um‘s Haus herum haben wir mit Pflanzen thematisch und parkähnlich gestaltet. Zum Ende der Regenzeit wird die Parklandschaft als solche schon zu erkennen sein, weil die Pflanzen dann
kräftig gewachsen sein werden. Das hoffen wir zumindest!
Am vergangenen Wochenende waren die heißesten Tage, die wir bisher hier erlebten. Draußen 42, im Haus 38 Grad. Der kälteste Tag war der 18. Januar, auf der Terrasse hatten wir nur 26 Grad. Bei
solch einem Temperatursturz ist uns dann doch ein wenig fröstelig, wenn der Körper geschwitzt hat. Ja, so schnell gewöhnen wir Menschen uns an neue Bedingungen!
Der heiße Nordwind hat die Temperatur in den Wochen nach Weihnachten kontinuierlich hochgeschaukelt und zwei kurze Regenschauer von 1 und 3 mm haben keine fühlbare Abkühlung gebracht,
sondern nur die Luftfeuchtigkeit noch mehr in die Höhe getrieben.
Der heiße Nordwind ist wirklich unerbittlich. Mehr als uns macht er aber den Pflanzen zu schaffen. Er ist so stark, dass er die Feuchtigkeit aus dem Boden herauspresst und fortweht, und das
ununterbrochen. So viel können wir gar nicht gießen, wie es windet. Dezember und Januar sind wirklich die heißesten Monate im Chaco. Einige Pflanzen gedeihen wahrscheinlich besser im hiesigen
Winter, also im Juli und August.
So sind jetzt fast alle Melonenpflanzen ausgetrocknet, auch die Zucchini und Tomaten, obwohl einige nun wieder neue Triebe bilden.
Wir haben aus Deutschland einen Folientunnel mitgenommen, der so ähnlich wie ein Gewächshaus funktioniert. Wir werden ihn an einer windgeschützten Stelle im Busch aufstellen und mittels
Befeuchtung ein gutes Klima darin schaffen. So hoffen wir, darin verschiedene Pflanzen, wie Salate, Kohl und Tomaten, das ganze Jahr anbauen zu können. Ein weiterer Versuch wird sein, dass
wir Kulturpflanzen in großen Kübeln wachsen lassen, so wie das Leute in Deutschland auf dem Balkon tun; hier, um die Erde vor dieser großen Austrocknung zu bewahren. Diese großen Blumentöpfe zu
besorgen, war gar nicht einfach, es gibt sie nur aus Plaste und sie sind recht teuer.
Wir haben aber auch etwas Erfreuliches aus unserem gärtnerischen Treiben zu berichten – es gibt einige Wildpflanzen auf unserer Farm, die nun unsere Salate und Smoothies bereichern. Das sind die
hiesige fette Henne, die der europäischen etwas ähnelt, und eine Portulak-Pflanze. Gesundheitlich betrachtet, sind wir mit der fetten Henne, die unwahrscheinlich viele Vitalstoffe enthält, und
unseren Moringabäumen, die mit der Trockenheit gut klar kommen, bestens versorgt. Diese Wildpflanzen werden wir kultivieren und in größeren Mengen anbauen. Zusammen mit dem Maniok und den
Erdnüssen, die auf unseren Feldern auch wunderbar gedeihen, kommen wir als Selbstversorger schon gut über die Runden. Der Mais wächst ebenfalls prächtig, aber dieser ist eher für die
Versorgung der Hühner gedacht. Auf Getreide würden wir nur zurückgreifen, wenn wir nichts anderes mehr zu Essen hätten. Vor allem aber hat Mais den Vorteil, dass er gut und lange lagerfähig
ist.
Uns ist klar, dass hier im Chaco eine autarke Ernährung ausschließlich mit Pflanzen über das gesamte Jahr hinweg beinahe unmöglich ist, weil es am nötigen Wasser nach der großen Regenzeit
mangelt. Sollten wir jedoch noch weitere hitzeresistente Wildkräuter und Wildfrüchte finden, sähe dies schon wieder etwas optimistischer aus.
Und wenn ich länger über dieses Thema nachdenke, ist dies auch in Deutschland oder Nordeuropa nur möglich, solange die Geschäfte ausreichend Obst und Gemüse anbieten, vor allem im Winter.
Seit einigen Tagen halten sich auf unserem Gelände zwei Pfauen auf. Es ist ein Pärchen. Natürlicherweise gibt es die hier nicht, sie stammen aus Indien und wurden von Menschen hierher gebracht.
Wir wissen nicht, wie sie zu uns gelangten, aber sie scheinen sich hier sehr wohl zu fühlen; wir füttern sie, denn wir möchten, dass sie hier bleiben; und die Chancen stehen nicht schlecht, weil
sie die Nähe des Menschen suchen. Wenn es Hühner auf einem Hof gibt, dann fühlen sich diese Vögel sehr wohl, weil sie wissen, dass sie durchaus willkommen sind und dass ihnen nichts passieren
sollte. Unsere beiden Hühner gibt es jedoch nicht mehr.
Bei uns lebt nun eine kleine Hündin, die damit etwas zu tun hat. Aber der Reihe nach......
Ich gehe jetzt ein Stück zurück in die Vorweihnachtszeit.
Drei Tage vor Weihnachten habe ich die Kartons mit meinen Büchern ausgepackt und diese erst einmal ungeordnet in das Regal gestellt. Das alleine war schon wie Weihnachten für mich, denn ich habe
sehr viele Schätze entdeckt oder wieder entdeckt, neben besonderen Büchern auch Zeichnungen von Max, Clemens und Jakob. Das Bücherregal ist immer noch nicht sortiert, auch meine Bastelsachen
haben zwar schon einen Platz im anderen Regal gefunden, aber es ist alles noch ein wenig durcheinander. Der Raum ist jedoch schon als kreative Werkstatt erkennbar, eben auch wegen der
Schneiderpuppe, des großen Seidenmalrahmens und der Kartons mit den Stoff- und Wollvorräten.
Mein Laptop steht auf einem kleinen Tisch schräg in einer Ecke neben dem Fenster, so dass ich das „Chaos“ im Rücken habe, sonst würde ich wohl auch nicht diese Berichte schreiben können.
All die Bastelvorräte und die jüngst in Deutschland neugekauften ungelesenen Bücher zeigen meinen Optimismus, dafür hier einmal Zeit zu haben, wonach es momentan nicht aussieht. Ich komme ja kaum
zum Schreiben angesichts der vielen Arbeit auf dem Hof, im Haus und mit den Tieren. Heute habe ich Regale für den begehbaren Kleiderschrank aufgestellt, Paul hat gute Erde mit Holzkohle gemischt
und Regenrinnen repariert. Wir haben vor, in den nächsten drei Wochen einen Hühnerstall neu zu bauen und die beiden Abwassergruben in ein 3-Kammersystem um- oder neu zu bauen. Nach der Regenzeit
werden wir auf jeden Fall nicht mehr so viel wässern, schon alleine deshalb, weil wir dann sparsamer mit unseren Wasservorräten haushalten müssen. Dann wird es auch Muße und mehr Zeit für andere
Dinge geben.
In den Tagen vor Weihnachten war der Sommer noch angenehm kühl, ich verglich ihn mit den Urlauben meiner Kindheit an der Ostsee, was ein sehr beruhigendes und geborgenes Gefühl war, ein
vertrautes. Eines Morgens nach dem Aufwachen war es im Haus angenehm frisch und es wehte ein laues Lüftchen. Das Thermometer auf der Terrasse zeigte 30 Grad. Das war grotesk, denn in Deutschland
fühlte ich mich am wohlsten bei Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad.
Einmal beim Wässern meinte ich, Möwen zu hören, der Wind blies stark – es fühlte sich wirklich an wie am Meer.
Weihnachten haben wir unsere Krippe in der Küche aufgebaut und es uns mit gutem Essen gemütlich gemacht.
Am Silvestertag arbeiteten wir den ganzen Tag draußen und hatten dann keine Lust mehr, ins Hotel zu gehen. Schon in Deutschland war Silvester nichts Besonderes für mich, ich mochte die
Knallerei nicht und hatte in den letzten Jahren eher damit zu tun, die Hunde gut durch diese Nacht zu bringen. Dafür haben wir am Neujahrstag im Hotel zu Mittag gegessen und bei dieser
Gelegenheit neue Freunde kennen gelernt. Marilyn und Oskar mit ihren drei Jungs aus Filadelfia hatten dort das Wochenende verbracht. Das ist die bisher intensivste Beziehung, die wir mit
Leuten von hier haben, weil sie genauso an uns interessiert sind wie wir an ihnen und wir uns häufig sehen. Und der Funke sprang wieder über durch die gleichen politischen Ansichten, dabei reden
wir kaum noch über Politik. Es ist sehr einfach und unkompliziert normal mit ihnen. Wir lernen von ihnen auch viel über hiesige Gepflogenheiten oder über essbare Wildpflanzen. So z. B. hat
Marilyn uns beim Spaziergang durch unseren Garten ein Wildkraut gezeigt, das ich Zitronella nenne, weil es so riecht und schmeckt. Es blüht jetzt zur selben Zeit, da nun auch äußerst kleine
Fliegen aufkommen, die einem ins Gesicht fliegen, bevorzugt in und an die Augen. Insbesondere Kinder können davon eine Augenentzündung bekommen. Dieser kann man vorbeugen, indem man sich den Saft
der Zitronella ins Gesicht reibt. Das riecht sehr gut und schmackhaft ist sie auch.
In der ersten Januarwoche haben wir endlich auch Niem-Sud hergestellt, indem wir Früchte und Blätter im Mixer häckselten und das Ganze, mit Kokosöl vermischt, eine Weile stehenließen,
anschließend alles durch ein Tuch gepresst und in ein Glas gefüllt haben. Damit behandeln wir seitdem alle entzündlichen Hautstellen bei Mensch und Tier.
Unser schwarzes Kätzchen Finchen hatte einen Hautpilz und an einigen Stellen Haarausfall, verbunden mit dem Verlust ihrer Fröhlichkeit. Wir haben sie damit immer wieder eingerieben und sie ist
genesen, das Fell wächst gut und sie schnurrt auch wieder, was sie schon fast „verlernt“ hatte. Auch unsere Melonen- und Kürbispflanzen, die üppig wuchsen und schon kleine Früchte trugen, waren
wegen des Nordwindes geschwächt und wurden deshalb dann von Parasiten befallen; wir besprühten sie mit einem flüssigen Niem-Gemisch, was größtenteils erfolgreich war.
Ab und zu entzünden sich auch bei uns Menschen ein paar Mückenstiche durch die immer feuchte Haut, die dann schwer heilen. Diese bestreichen wir mit unserer Niem-Salbe, die
gleichermaßen desinfiziert und heilt.
Als wir am 14. Januar in Filadelfia einkaufen waren, sind wir kurz entschlossen auch ins Tierheim gefahren und haben eine kleine Hundedame mitgenommen. Wir nennen sie Mathilda. Sie war der letzte
Welpe, der im Tierheim vergeben wurde, weil es schließt. Mathilda ist eine ungefähr sechs Monate alte Mischlingshündin mit Schlappohren und sehr sensibel. Sie bleibt eher klein und wird
ausgewachsen höchstens 20 kg wiegen. Zum Vergleich: Jeckel hat, wenn er schlank war, ca. 30 kg auf die Waage gebracht. Wir wissen nicht, was Mathilda erlebt hat, dort im Tierheim waren sie, ihre
Schwester, die schon reserviert war, und ihre Mutter die einzigen noch verbliebenen Hunde. Sie wurde dort entwurmt und sterilisiert. Ich hatte sie auf der Heimfahrt auf meinem Schoß, weil der
arme Hund Angst hatte und fast die ganze Zeit zitterte. Zuhause angekommen, mussten wir feststellen, dass sie aus Angst, aber auch bei Freude immer ein wenig pullert. Mittlerweile hat sich das
stark gebessert. Da sie jedoch schon ein paar Monate alt ist und vor uns von niemandem erzogen wurde, ist alles etwas schwieriger als bei einem 9-wöchigen Welpen. Wir sind jedoch optimistisch und
haben ihr schon einiges beibringen können.
Freitag, der 25. Januar, war ein schwarzer Freitag für uns. An diesem Tag hat Mathilda unsere beiden Hühner ins Jenseits befördert. Die Hühner hatten die Tage schon seit einigen Wochen immer in
unserem Garten verbracht. Die Katzen und der Hund kamen gut damit klar. Die Hühner selbst auch. Wir haben Mathilda bei jeder sich bietenden Gelegenheit klar gemacht, dass die Hühner für sie tabu
seien, und konnten auch nie eine gefährliche Situation beobachten. An diesem Tag – wir waren schon spät dran – mussten wir noch etwas einkaufen, da der Obstwagen in der Woche ausgeblieben war.
Auch wollten wir die Ankunft unserer Pakete auf der Poststation in Neuland ankündigen. Wir erwarteten nämlich die neuen Bruteier, da wir ja noch einen Hahn brauchten. Die Überlegung war, die
Hühner während unserer Abwesenheit nicht ins Haus zu sperren, da der Hund sie vor anderen Tieren, wie dem Fuchs oder Greifvögeln, schützen würde. Uns war in diesem Augenblick nicht wirklich klar,
dass der Hund erst knappe 2 Wochen bei uns und damit überfordert ist.
Bei unserer Rückkehr bot sich uns ein grauenvoller Anblick. Auf der Terrasse lagen viele schwarze Federn, geballt auf mehreren Flecken. Ein Stück weiter dann die beiden Körper. Mathilda hatte ein
schlechtes Gewissen und kam uns kriechend entgegen. Wir waren sprachlos und fühlten uns miserabel und das Gefühl, dass es ja zwei ganz besondere Hühner waren, machte die Angelegenheit noch
trauriger.
Zuerst dachten wir, dass wir unmöglich mit diesem Hund weiter leben können. Andererseits hat sich Mathilda eben wie ein Hund verhalten und wir wissen ja auch nicht, ob die Hühner nicht auf
die Terrasse gehüpft und vor Mathilda herum geflattert sind, was ihren Jagdinstinkt erwachen ließ. Ganz bestimmt hatte sie auch Hunger....
Als Vorsorge für die Zukunft musste Mathilda die darauf folgende die Nacht draußen neben den Hühnerkörpern an der Leine verbringen und hat auch ihre Lektion erhalten. Seitdem klappt die
Hundeerziehung besser – aber welch ein Preis!
Am nächsten Morgen – wir waren nicht mehr so aufgebracht – resümierten wir, dass es eine Verkettung einiger unglücklicher Umstände war.
Jetzt ist Mathilda von Tag zu Tag gelehriger. Sie ist eine sehr kluge Hündin und lernt schnell, wenn sie will. Wenn nicht, ist sie zu faul oder es ist zu heiß.
Heute waren wir wieder in Neuland, dieses Mal jedoch mit Mathilda.
Die Post hatte uns über die Ankunft zweier Pakete benachrichtigt. Es sind die neuen Bruteier aus Märkisch-Oderland, die ungefähr drei Wochen unterwegs waren. Ursprünglich waren es drei Päckchen,
vielleicht erreicht uns das letzte ja noch. Bei der Post haben wir dann den interessanten Hinweis erhalten, dass es hinsichtlich des Zolls immer unkompliziert ist, wenn die Pakete unter 2 kg
wiegen, dann werden sie vom Zoll kaum begutachtet. So haben wir jetzt wieder 26 Eier im Brutkasten und hoffentlich in 3 Wochen ein paar Hennen und wenigstens einen Hahn.