Freitag, 9. November 2018
Heute Abend haben wir am Feuer gesessen. Nicht, dass uns kalt war, aber beim Zaunversetzen sind ein paar Sträucher und Äste zusammen gekommen. Der Himmel war voller Sterne, der Mond nimmt gerade
zu und liegt wie eine Schale hoch oben. Wir haben eine Eule rufen hören und Glühwürmchen oder Glühkäfer gesehen. Das ist hier eine Art, die ihre Lampe ständig an- und ausknipst.
Nun möchte ich über das Gespräch mit Armindo am 29. Oktober berichten.
Wir hatten ihm per mail eine ganze Reihe an Vorschlägen gesandt und wollten diese jetzt mit ihm besprechen. Wir waren auch recht optimistisch, dass ihm der eine oder andere gefallen würde.
Es ging darum, dass wir eine Lösung für unser Leben auf seiner Farm finden, die für beide Seiten fair ist und uns auch eine Perspektive bietet.
Wir würden gerne einiges in die Farm investieren, z. B. neue Zisternen bauen, einen Obst- und Gemüsegarten anlegen, Erdnüsse und Mais für die Hühner anbauen und an Haus und Hof einige zweckmäßige
Umbauten vornehmen. Wir können und wollen dies aber nur tun, wenn Armindo uns zusichern kann, dass er die Farm nicht in den nächsten Jahren plötzlich verkauft. Es geht uns gar nicht so sehr um
die Investitionen, die er uns dann auch zurück zahlen würde, viel mehr darum, dass wir an einem Tag X keine Bleibe mehr hätten und uns auch nicht mehr selbst versorgen könnten, denn schließlich
benötigen die Pflanzen auch eine Weile bis zur Ernte. Wir müssten uns ein neues Grundstück suchen und wieder bei Null anfangen.
Wir schlugen Armindo deshalb vor, dass wir uns gerne um seine Rinder kümmern würden, die er im März nächsten Jahres auf die Farm bringen wollte. Das war ursprünglich seine erste Idee, weil er 100
Kilometer weit entfernt wohnt. Dafür könnten wir hier leben und investieren, kämen für notwendige Reparaturen auf, wenn er uns ein paar Jahre zusichert.
Wir haben ihm ebenfalls vorgeschlagen, einen Teil der Farm oder auch die gesamte Farm zu pachten – dies jedoch mit einer Mindestlaufzeit von 5 Jahren und einer längeren Kündigungsfrist, eben
wegen der Investitionen sowie der Wachstumsphase und Ernte von Pflanzen. Wir können uns auch vorstellen, einen Teil der Farm zu kaufen, z. B. den Teil mit dem Haus und 5 weitere Hektar; wenn es
interessant für ihn ist, dann würden wir auch gerne den gesamten rechten Teil der Farm mit dem Haus kaufen, das wären ca. 40%. Und zu guter Letzt haben wir ihm vorgeschlagen, gemeinsame
wirtschaftliche Projekte durchzuführen, mit denen Armindo mehr Geld verdient als mit Rindern. Eines könnte mit Eukalyptus-Bäumen funktionieren. Holz wird immer benötigt, dieses Holz ist besonders
gut und wächst schnell. Paraguay wird in ein paar Jahren eine Holzknappheit erleiden. In 8 Jahren könnte es die ersten Erträge geben. Armindo stellt das Land zur Verfügung, wir kaufen die Bäume,
pflanzen sie und kümmern uns um die Plantage. Die Erträge werden geteilt. Sollten wir diejenigen sein, die vorzeitig oder überhaupt einmal die Farm verlassen, dann müsste Armindo uns die
Investitionen nicht zurückzahlen, dann ginge alles in seinen Besitz über.
Bis jetzt hat er sich noch nicht entschieden. Er sagt, dass er in den nächsten Jahren nicht verkaufen will. Er möchte die Farm auch nicht teilen, um uns nur ein Stück zu verkaufen, über eine
Pacht denkt er noch nach, wobei er dann so viel Pacht haben möchte, wie er maximal mit Rindern verdienen würde – dann kann er aber auch seine Rinder hierherbringen; denn so viel könnten wir nur
mit Ackerbau erwirtschaften, dazu müsste die Farm jedoch noch stärker entbuscht werden; wir selbst wollen nämlich keine Rinder halten. Hinsichtlich der Eukalyptus-Plantage ist er skeptisch
und möchte sich von Fachleuten noch beraten lassen.
So befinden wir uns noch immer in diesem Schwebezustand. Für ihn ist es völlig in Ordnung, dass wir hier leben, wir möchten ihm aber natürlich eine Gegenleistung dafür erbringen.
Mittlerweile ist es für den Bau einer großen neuen Zisterne in diesem Jahr auch zu spät, jetzt müssen wir die Regenzeit abwarten. So pflanzen wir weiter neue Bäume, Sträucher, Kräuter, Obst
und Gemüse und gestalten das Gelände um. Auch haben wir den Dropperzaun am Haus ein paar Meter nach hinten versetzt, um etwas mehr Weite zu bekommen und auch mehr Raum für Anpflanzungen. Mit
solchen kleinen Veränderungen, die wir mit Armindo immer absprechen, ist er einverstanden. Wir warten nun also auf seine Entscheidung und schauen dann, ob wir eine gemeinsame gute Vereinbarung
hinkriegen. Wenn nicht, dann müssen wir uns weiter auf die Suche nach eigenem Land machen.
Zum Versetzen des Zaunes hatten wir uns für 4 Tage den paraguayischen Arbeiter von Barbara „ausgeborgt“. Er hat mit Paul die alten Pfähle aus der Erde geholt und sie haben sie dann mit dem Auto
weggezogen. Er heißt Hermann und besteht darauf, dass dies ein typisch paraguayischer Name sei. Er ist sehr fleißig und freundlich, kommt immer mit seinem Fahrrad jeden Morgen 7.00 Uhr hier an,
arbeitet bis 11.30 Uhr und dann noch einmal von 14.00 – 17.30 Uhr. Er hat hier in Rosaleda neben Alois‘ Farm ein kleines Häuschen, kommt jedoch aus Asunción, wo seine Familie, also seine Eltern,
leben. Es gefällt ihm, bei uns zu arbeiten, und er wird immer mal wieder kommen.
Als wir am vergangenen Wochenende in Asunción waren, um das Cedula (eine Art Personalausweis) zu machen, haben wir wieder in Bo’s Westfalenhaus übernachtet. Wir hatten sehr interessante Gespräche
am Sonntag mit Luis, seinem paraguayischen Freund, und am Montag mit Bo. Beide haben ein 150 ha großes Stück Land, eine halbe Autostunde von Asunción entfernt, gekauft. Darüber hatte ich im
ersten Bericht schon geschrieben. Ihre Vorstellungen über mögliche wirtschaftliche Projekte auf dieser Farm sind mittlerweile recht konkret. Sie möchten ein paar Bungalows zum Vermieten dort
hinstellen, es soll ein Park mit heimischen wilden Tieren angesiedelt werden, die Energieversorgung soll durch den das Grundstück durchfließenden Fluss erfolgen. Eventuell entsteht dort
auch ein Tagebau, weil es Steinvorkommen mit Basalt gibt, welche in der Umgebung bereits in großen Mengen abgebaut werden. Aus diesem Gestein sollen dann haltbarere Straßen sowie eine Autobahn
von Brasilien nach Argentinien gebaut werden. Die Rodungen für diese neue Strecke haben schon begonnen. Je nach Größe des Steinvorkommens auf Bo’s Farm entscheidet sich auch, wie viel von den
anderen Projekten umgesetzt werden kann, denn die Steine sind das lukrativste Geschäft für ihn und Luis. Für das gesamte Vorhaben würde uns Bo gerne als Verwalter, Koordinatoren etc. vor Ort
haben.
Als Gegenleistung würden wir zunächst z. B. ein 5-ha-Grundstück erhalten, auf dem wir unsere Selbstversorgung verwirklichen und unser selbst entworfenes Haus mit Atrium bauen könnten. Und im
Gegenteil zum Chaco wäre dort wegen des Flusses genügend Wasser vorhanden. Während und nach der Regenzeit ist das Gelände sogar äußerst nass, so dass auch Entwässerungsgräben gezogen werden
müssten, die auch der Bewässerung von Anpflanzungen dienen könnten.
Aber Bo hat es nicht so eilig, auch wenn Luis etwas mehr drängelt, weil er schon 65 Jahre alt ist. Bo ist da mit seinen 35 etwas gelassener. Und ehe die Untersuchung, an welchen Stellen wie viele
Steine vorhanden sind, nicht abgeschlossen ist, gibt es auch für uns keine richtige Planung.
Im Grunde waren wir von all den Vorhaben der beiden schon sehr begeistert. Das größte Plus wäre, dass wir dort wir für uns klare Verhältnisse hätten und loslegen könnten.
Der Chaco ist aber doch schon ziemlich einzigartig, wenn wir mit Armindo übereinkommen, dann blieben wir gerne hier in Rosaleda.
Wir haben vor, bald noch etwas weiter in den Chaco vorzudringen, uns die dortigen Verhältnisse anzuschauen und mit Leuten zu reden, denn es gibt noch mehr Mennoniten-Kolonien. Vielleicht
bekommen wir ja für unser Geld noch ein Stückchen Land, das unseren Vorstellungen entspricht.
Nun noch ein Wort zu den bezaubernd duftenden 7 Niembäumen, die sich auf unserer Farm befinden, alle vor dem Haus. Ich hatte unlängst in einem Bericht geschrieben, dass die Bäume sehr giftig
seien. Das stimmt immer noch, wenn man sie wie Wildkräuter essen würde; aus ihnen werden jedoch auch wertvolle Nuancen gewonnen, die in der Medizin, der Kosmetik und in der Landwirtschaft
Verwendung finden, z. B. in Salben, Zahnpasten, als natürlicher Dünger und Pflanzenschutzmittel. Jakob hatte mich darauf aufmerksam gemacht und mit Begeisterung von diesen Bäumen erzählt; wir
haben auch schon einen kleinen Niembaum für ihn im Topf gezogen. Den kann er dann gerne mit nach Köpenick nehmen. Und alle anderen, die uns besuchen, auch. Vielleicht produzieren wir auch
Tinkturen und Salben und handeln damit, wir kennen noch nicht den hiesigen Markt dafür; aber für uns selbst lohnt es sich auch schon, haben wir doch z. B. alle Zutaten hier, um Zahnpasta selbst
herzustellen. Wir haben so viele Ideen, es gibt unzählige interessante Möglichkeiten, aber zunächst müssen wir einen guten Ort dafür finden. Dann ergibt sich alles andere beinahe von
selbst.
Hier eine interessante Seite über den Niembaum und seine Nutzung:
https://www.smarticular.net/der-niembaum-ersetzt-eine-apotheke-und-waechst-auf-der-fensterbank/